Auf eine Scheibe Stollen mit ...
August dem Starken
Eure Hoheit, wenn Sie „Dresdner Christstollen“ hören, woran müssen Sie dann denken?
Natürlich zu allererst an mein Feldlager bei Zeithain/Radewitz, mein großes Manöver im Jahre 1730, das Militärgeschichte geschrieben hat. Zur Erbauung aller kreierte mein Hofbäckermeister Zacharias einen riesigen »Weißen Kuchen«. Die verschwenderische Verwendung von Weizenmehl allein schon galt als extraordinär. Der Baumeister Pöppelmann höchstpersönlich entwarf den gigantischen Ofen und überwachte die Bauarbeiten. Das ist einfach unvergesslich!
Riesenstollen der Vergangenheit oder heute. Hand aufs Herz – welcher schmeckt besser?
Das kann und will ich nicht vergleichen. Die Backkunst hat sich seitdem sehr verfeinert. Verwanden wir damals Dörrobst, Distelöl und Eier zur Verfeinerung, so benützet man heuer Rosinen, Zitronat, gute Butter und Butterschmalz. Statt der gehackten Obstkerne und Nüsse hat man heute Bittermandel und … nein, mehr will ich nicht verraten.
Wann gibt es bei Hofe die erste Scheibe Dresdner Stollen?
Auf keinen Fall vor Totensonntag. Es ist ja ein Festgebäck, vorbehalten für die Tage der Weihnacht … aber das fällt schwer, so lange warten … die Lust ist vorher einfach unbezwingbar …
Wie kredenzt man bei Hofe den Striezel?
Zuerst prüft mein Mundschenk, dann der kurfürstliche Bäckermeister, ob der Genuss auch vollkommen sei.
Dann kontrolliere ich, doch fand ich noch nie Grund zum Tadel. Die Scheibe Stollen muss fingerdick geschnitten sein, auf feinstem Porzellane gereicht, dann mit den Fingern aufgenommen und gebrochen. Dazu ein guter Türkischer, schön heiß. Wird dann der Stollen im Munde vom Kaffee durchnässet – ein Hochgenuss! Aber, und das möchte ich nicht unerwähnet lassen, vorzüglich begleitet das edle Gebäck auch ein guter Wein, ich denke da etwa an so manche Lage im nahen Spargebirge.
Mit wem verzehren Sie am liebsten den Dresdner Stollen?
Da mich gewisse Damen schon seit langem ungeduldig drängen, natürlich meist’ mit ihnen. Aber auch mit hoch-wohlgeborenen Gästen, die sich das Privileg des Buttergebrauches nicht leisten können. Es sollte eine würdige, geistreiche Gesellschaft sein.
Welcher Monarch oder welche Monarchin der Gegenwart sollte unbedingt einmal eine Scheibe Stollen aus Dresden probieren?
Derer gäbe es viele. Vor allem die jungen, die heute die Monarchien so sympathisch machen. Ich denke da aber auch an den, ja, man kann schon sagen, vom Throne beinahe verstoßenen Charles. Immerhin sind er und seine Frau Mutter vom Geschlechte derer von Sachsen-Coburg und Gotha. Wenn ihm die brit’sche Krone bis dato auch verwehret wurde, so sollte ihm doch die Krone der sächsischen Backkunst nicht vorenthalten werden.
Warum ist Ihrer Meinung nach der Dresdner Stollen solch ein Trendsetter – und das seit so vielen Jahrhunderten?
Das kann ich Euch sagen – seine Einmaligkeit, die Meisterschaft der Backkunst und die Liebe derer, die den Stollen herstellen, die man bei jedem Bissen schmecket.
Sie begleiten jedes Jahr zusammen mit Ihrem Hofbäckermeister Zacharias die Dresdner Stollensaison und die Dresdner Stollenbäcker. Was ist für Sie der schönste Moment?
Der Stolz der Bäckermeisterinnen und Bäckermeister, der Konditorinnen und Konditoren sowie ihrer so wichtigen Gesellen. Wenn der Tag des Dresdner Stollenfestes gekommen, wird ihre Arbeit öffentlich gewürdigt. Wenn sich die Leute, teilweise von Ferne angereist, drängen … Aber auch der Stolz mit dem Erlöse des Verkaufes, Bedürftigen geholfen zu haben. Einen schönen Moment würde aber auch ich erleben, leider habe ich ihn noch nie erfahren, wenn ich im Februar oder Märzen noch ein kleines Stückchen vom Stollen fände.
Zum guten Glas Wein gibt es immer einen Trinkspruch. Gibt es so etwas bei Hofe auch, wenn man eine Scheibe Dresdner Stollen isst?
Nun, ich sage gern: Der Stollen soll leise sein! Denn die Rosinen plaudern gerne miteinander. Und nur wenn sie nahe sind im Teige, können sie leise flüstern. So mögen auch wir, ähnlich der Rosinen, eng zueinander rücken, miteinander reden, zuhören dem andren, seine Befindlichkeiten versuchen zu verstehen, zu tolerieren seine Meinung. Kurz, ich wünsche uns mehr Respekt und Höflichkeit zueinander – nicht nur im Advente und zur Weihnacht.