Mein erstes Mal Stollenfest - ein Erlebnisbericht

"Momente" werden zu "Erinnerungen"

Foto: Anna Kieselbach

Bis 2018 war Lisa Weidner in erster Linie Digital-Strategin und Fotografin. Seit dem 25. Dresdner Stollenfest im Jahr 2018, auf dem sie für Fotoaufnahmen unterwegs war, ist sie nun auch Dresdner Stollen- und -fest-Fan.

Wie ihr erstes Dresdner Stollenfest war? Genussvoll und voller wunderschöner Momentaufnahmen.

Die Stollenliebe hat Lisa bis heute nicht losgelassen. Sie ist für die Social-Media-Aktivitäten der Marke Dresdner Christstollen verantwortlich. 

 

Es ist der 8. Dezember 2018. Vorfreude. Ich werfe mir warme und gemütliche Sachen über, binde meinen Schal und richte meine Wollmütze. Mit einem letzten Schluck heißen Kaffee und geschulterten Kamerarucksack fühle ich mich gewappnet, für das, was mich heute in der historischen Altstadt erwartet. Mein erstes Mal "Dresdner Stollenfest". Und das auch noch als Fotografin. 

Ich sprinte zur Bahn, lausche meiner Lieblingsmusik und denke darüber nach, wie mein Leben zur Zeit August des Starken wohl ausgesehen hätte. An prunkvoll gedeckten Tischen hätte ich gegessen, die schönsten Kleider getragen. Zumindest sagt das die kindliche-naive Stimme in mir. Die Ältere hingegen ist sich nicht so sicher, ob Bilder schönster Märchenfilme mit dem Leben als Geliebte des Kurfürsten auch nur ansatzweise vergleichbar wären ... Finden wir's heraus!

 

Das Experiment beginnt

Das Experiment beginnt. Mit einer blauen, bereiften Kutsche der Neuzeit rollen wir bis zum Taschenbergpalais Kempinski vor. Während der Fahrt hat mir die Schirmherrin des 25. Stollenfestes, Stollenmädchen Lina, noch schnell ein Interview gegeben. Das ganze geht in der Sekunde live, hinaus in die digitale Welt, als wir das Stollenmobil verlassen. Und schon werden auch die ersten Fotos von einer großen Gruppe anwesender Pressefotografen geschossen. Souverän lächelt Lina in große und kleine Objekte, bevor sie auf die Bühne schreitet und gemeinsam mit Bäckermeister René Krause und Moderator René Kindermann das heutige Spektakel eröffnet.  Und nun gehe ich auf Entdeckungsreise mit Lisa -von 1730. 

Normalerweise drücke ich einfach den Auslöser auf meiner Kamera. Ein Moment wird zur Erinnerung. Reproduzierbar. Immer und immer wieder. Ich öffne einfach die Datei auf meinem Rechner oder Smartphone. Und schon bin ich wieder da. Ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen. Anfang des 18. Jahrhunderts gab es noch keine Technik, die es auf Knopfdruck möglich machte Gesehenes zu konservieren. Und doch schafften es die Menschen, Erlebtes lebendig zu halten. Mit Musik, Malerei und aufregenden Geschichten. Dinge, die noch heute wirken und zahlreiche Traditionen prägen. Wie zum Beispiel das Dresdner Stollenfest, das seine Anfänge unter Kurfürst August zum Zeithainer Lustlager feierte. 

 

Buntes Treiben in den Straßen

Und schon winkt mir August entgegen. Starke Pferde mit prächtiger Mähne ziehen die fürstliche Kutsche. Die Menschen aus aller Welt lachen, johlen und feiern. Auf den Straßen der Dresdner Altstadt. Ich lasse mich treiben und die bunten Bilder auf mich wirken. Das mechanischen Klicken meiner Kamera ist kaum noch zu hören. Es beginnt eine Reise meiner Vorstellungskraft. Alt und Jung fallen sich in die Arme. Die Kleinsten staunen mit weit aufgerissenen Augen als ein ganzer Hofstaat an ihnen vorbeizieht. Unter die fröhlichen Melodien von Bläsern und Querflöten mischen sich selbstbewusste Trommelschläge. Hufgetrappel, neugieriges Kichern, "Ohs" und "Ahs" ergeben einen passablen Hintergrundchor. 

Die Damen in ihren historischen Gewändern scheinen über die asphaltierte Straße zu schweben. Und so manche Haarpracht erweckt den Eindruck, gut mit einem Vierpfünder-Stollen mithalten zu können. Eine erste Ernüchterung ereilt mich: Was schön anzusehen ist, fühlt sich garantiert nicht immer genauso schön an. Das Leben als Hofdame birgt also auch Tücken ...

 

Gefangen im #PuderzuckerRausch

Ich stolpere, kann mich aber schnell wieder aufrichten. Mein Blick trifft auf das freundliche, rußbedeckte Gesicht eines Schornsteinfegers. Das Glück springt mir förmlich entgegen, ich strecke die Hand aus und bin nun vollends im #PuderzuckerRausch gefangen. Auch ich beginne zu tanzen, lass mich von dem Emotionen treiben und versuche alles aufzusagen, was mir vor die Füße läuft. Echte Momente, die zu Erinnerungen werden. Kalte, winterliche Luft füllt meine Lungen, aus meiner Nasenspitze hingegen weicht so langsam jedes Gefühl. Die geschmückten Straßen und goldgelben Lichter entlocken mir nun auch ein "Oh" und "Ah", dass sich harmonisch in den Festumzugschor eingliedert. 

 

Das nennt man "Tradition"

Plötzlich holt mich mein knurrender Magen zurück in das Hier und Jetzt. Noch halb im #PuderzuckerTaumel realisiere ich, dass wir bereits auf dem Altmarkt gelandet sind. Die große Festansprache wird von zahlreichen Menschen begeistert erwartet. Die Spannung steigt. Es folgt das Highlight des Tages: der Anschnitt des Riesenstollens. Und schon zieht das silberglänzende Riesenstollen-Messer alle Blicke auf sich. Applaus, Applaus, der erste Schnitt ist gemacht. Klick. Klick, da ist es wieder. Das vertraute Geräusch digitaler Geschichten-Erzähler. Schnell noch eine Story für Instagram machen und das 25. Dresdner Stollenfest ist im Kasten. Nicht nur auf elektronischen Speichermedien, sondern auch ganz analog in meinem Kopf. Eine Erinnerung, die echter nicht sein könnte.

Das fühlt sich gut an. Ich gehe zum Glühweinstand, bestelle einen Heidelbeer-Trunk und wundere mich über mein festgefrorenes Lächeln im Gesicht. Vergangenes in der Gegenwart. Das nennt man dann wohl Tradition? I like it. #PuderzuckerMomente.

 

Fotos: Lisa Weidner / @photographs_bymockingbird

 

Das Dresdner Stollenland durch die Linse gesehen